Haften Eltern für ihre Kinder?

KINDER-HAFTPFLICHT

Haften Eltern für ihre Kinder?

Es ist schön, wenn Kinder ihre Energie und Entdeckerlust ausleben können. Dass dabei hin und wieder ein Malheur passiert, ist normal und meistens eher harmlos. Doch was ist, wenn mal ein größerer Schaden entsteht? Haften Eltern für ihre Kinder, wie oft an Baustellen eindringlich gemahnt wird? Nicht immer! Maßgeblich für die Haftung sind folgende drei Fragen :

Haben die Eltern überhaupt ihre Aufsichtspflicht verletzt?

Eltern haften grundsätzlich nur für einen durch ihr Kind verursachten Schaden, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Die gesetzlichen Regelungen dazu sind recht vage gehalten. Denn wie weit die Beaufsichtigung eines Kindes gehen muss, hängt immer vom Alter des Kindes, seiner persönlichen Entwicklung und der konkreten Situation ab.

BEISPIEL Ein Vater hält vor einer Bäckerei ein Schwätzchen. Sein dreijähriger Sohn spielt währenddessen unbeobachtet an einem nahegelegenen Bauzaun. Schlüpft er durch eine kleine Lücke hindurch und beschädigt dort abgestellte Geräte, haftet sein Vater, da er seine Aufsichtspflicht verletzt hat.

BEISPIEL Eine Mutter schickt ihre sechsjährige Tochter zur besagten Bäckerei. Sie liegt um die Ecke und das Mädchen ist schon verkehrssicher genug, um die Strecke alleine zu bewältigen. Nutzt es den kleinen Ausflug, um ebenfalls durch den Bauzaun zu schlüpfen, entsteht im Schadenfall keine Haftung für die Mutter.

Konnte das Kind die Gefahren und Risiken schon selbst einschätzen?

Kinder sind unter bestimmten Voraussetzungen selbst für die Schäden verantwortlich, die sie verursacht haben. Nämlich immer dann, wenn sie reif genug sind, um die möglichen Folgen ihres Tuns und damit die Gefahr eines Schadens einschätzen zu können.

BEISPIEL Zwei zwölfjährige Kinder haben ebenfalls die Lücke im Bauzaun entdeckt und machen sich am Betonmischer zu schaffen. In ihrem Fall kann man davon ausgehen, dass sie um die damit verbundenen Risiken und das generelle Baustellenverbot wissen. Deshalb müssen sie im Schadenfall auch selbst haften.

Ist das Kind schon deliktfähig?

Kinder unter sieben Jahren gelten entsprechend einer gesetzlichen Regelung als deliktunfähig und sind daher für keinerlei Schäden verantwortlich, die sie verursachen. Im Straßenverkehr liegt die Altersgrenze sogar bei zehn Jahren.

BEISPIEL Das sechsjährige Mädchen, das auf dem Weg zum Kiosk einen unerlaubten Abstecher auf die Baustelle unternimmt, haftet allein seines Alters wegen nicht für eventuelle Schäden.

Auch Kinder über sieben Jahren sind nicht unbedingt für jeden selbst verursachten Schaden verantwortlich. Konnten sie nämlich die Risiken einer Situation vom Alter und Entwicklungsstand her noch nicht richtig einschätzen, gelten auch sie in dem konkreten Fall als delikt- bzw. schuldunfähig.

Übrigens: Baustellenbetreiber|innen kann im Schadenfall eine Mitschuld treffen. Insbesondere dann, wenn Kinder selbst zu Schaden kommen. Sie sind nämlich verpflichtet, den Baustellenbereich so abzusichern, dass davon keine Gefahr für andere Personen ausgehen kann.

Wer haftet nun also und hat zu zahlen?

Wenn Kinder einen Schaden anrichten, geschieht dies zum Glück weniger auf gefährlichen Baustellen sondern meist im Freundeskreis der Familie oder in der Nachbarschaft. Da ist es gut, wenn im Schadenfall weder die sozialen Beziehungen noch der eigene Geldbeutel in Mitleidenschaft gezogen werden.

Bei Verletzung der Aufsichtspflicht haften die Eltern. Die Schadenskosten übernimmt deren Private Haftpflichtversicherung, sofern sie hoffentlich (!) eine haben. Bei kleineren Schäden geschieht dies meist ohne großen Aufwand. Bei höheren Beträgen prüft die Versicherung genau, ob die elterliche Aufsichtspflicht verletzt wurde und ein Anspruch auf Schadenersatz durch die Mutter bzw. den Vater besteht.

Haftet das Kind, muss es rein rechtlich gesehen selbst für den Schaden zahlen. Auch wenn es noch kein Geld hat! 30 Jahre lang kann es zur Begleichung der Kosten herangezogen werden, frühestens jedoch mit dem ersten eigenen Einkommen. Diese mitunter enorme Belastung bleibt ihm erspart, wenn es über seine Eltern haftpflichtversichert ist. Dann bleiben auch die Geschädigten nicht jahrelang auf den Kosten sitzen.

Bei deliktunfähigen Kindern als Schadensverursacher gehen die Geschädigten leer aus. Es sei denn, die Eltern kommen freiwillig für den Schaden auf, etwa weil sie sich moralisch dazu verpflichtet fühlen. Alternativ können sie sich mit einer Deliktunfähigkeitsklausel absichern. Mit diesem Passus in der Haftpflichtversicherung sind bis zu einer bestimmten Summe, zum Beispiel bis zu 3.000 Euro, auch diese Schadensfälle gedeckt.