Krankenkasse wechseln – bringt’s das?
 GESETZLICHE KRANKENKASSEN
Krankenkasse wechseln – bringt‘s das?
Ein Wechsel der gesetzlichen Krankenversicherung kann sich durchaus lohnen. Und es geht mittlerweile auch recht einfach. Bei der Wahl der neuen Krankenkasse sollte man sich aber etwas Zeit nehmen. Damit man auch diejenige wählt, die am besten zu den eigenen Wünschen und Bedürfnissen passt. Abgelehnt werden darf man von keiner, denn:
Pflichtversicherte können frei wählen!
Anders als die privaten Krankenversicherungen müssen die gesetzlichen Krankenkassen jede|n Sozialversicherungspflichtigen aufnehmen, vollkommen unabhängig vom Alter und Gesundheitszustand. Beides hat auch keinerlei Auswirkung auf die Höhe des Beitrags. Die neue Krankenkasse muss lediglich in dem Bundesland, in dem man wohnt oder arbeitet, geöffnet sein.
Recht auf Wechsel
Es besteht also ein uneingeschränktes Wechselrecht. Und das gilt für Max Mustermann als sozialversicherungspflichtiger Angestellter, für die Webdesignerin und Bloggerin Frauke, die über die Künstlersozialkasse pflichtversichert ist, und für Dirk, der von Kindheit an auf den Rollstuhl angewiesen ist, gleichermaßen.
Welche Krankenkasse ist die beste für mich?
Die Wahl der Krankenkasse ist also eine individuelle Entscheidung. Welche Faktoren dabei eine Rolle spielen sollen, muss und darf jede|r für sich selbst abwägen.
Individuelle Bedarfe und Wünsche
Frank zum Beispiel ärgert sich darüber, dass seine jetzige Krankenkasse maximal 50 Euro für eine osteopathische Behandlung pro Jahr zahlt. Dabei hat er nach seinem letzten Bandscheibenvorfall sehr gute Erfahrungen mit dieser (zusätzlichen) Behandlungsmethode gemacht.
Frauke ist viel in der Welt unterwegs, auch beruflich. Ihre Krankenkasse zahlt nur die Standard- nicht aber spezielle Reiseschutzimpfungen wie die gegen Hepatitis B. Außerdem fragt sie sich, wie es eigentlich mit der Übernahme von Hebammenleistungen aussieht.
Dirk fühlt sich bei seiner Krankenkasse nicht gut beraten und oft zu lange hingehalten, wenn er Anfragen zur Beantragung neuer Hilfs- oder Pflegemittel stellt. Eine Bekannte hat ihm erzählt, dass sie bei ihrer Krankenkasse viel bessere Erfahrungen gemacht hat und die sogar eine Geschäftsstelle vor Ort hat.
Leistungen
Laut Bundesgesundheitsministerium haben gesetzlich Versicherte „einen Anspruch auf eine ausreichende, bedarfsgerechte, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende medizinische Krankenbehandlung“, einen Leistungskatalog im eigentlichen Sinne gibt es aber nicht. Vielmehr konkretisiert der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) aus Vertreter|innen der Ärzteschaft, der Krankenhäuser und Krankenkassen die aktuell geltenden, verbindlichen Richtlinien. Die Leistungen sind also durch das Sozialgesetzbuch einheitlich geregelt. (→ Infos des Bundesgesundheitsministeriums)
Aber die Kassen können auch Zusatzleistungen anbieten, entweder kraft Satzung oder durch Vorstandsbeschluss. Welche Zusatzleistungen eine Krankenkasse unter welchen Voraussetzungen bietet, erfährt man auf Anfrage, über deren Website und (nur bedingt) über Vergleichsportale.
Krankenkassenvergleich
Vergleichsportale im Web können bestenfalls helfen, eine Vorabauswahl zu treffen. So kann Max zwar herausfinden, welche Kasse überhaupt osteopathische Behandlungen übernimmt, aber welche Kriterien einer Bewertung wie „Osteopathie: gut“ zugrunde liegen, erfährt er hier nicht. Ähnlich geht es Frauke, wenn sie wissen möchte, bei welcher Kasse Reiseschutzimpfungen zu welchen Bedingungen inklusive sind.
Grundsätzlich sind Angebotsvergleiche nur dann sinnvoll, wenn die persönlichen Bedarfe ganz genau abgesteckt sind. Zu bedenken ist zudem, dass die meisten Vergleichsportale nur einen Teil der Krankenkassen zu ihren Vergleichen heranziehen. Da hilft am ehesten noch ein neutraler → Vergleich der Finanztest, der aber kostenpflichtig ist.
Ratsam ist es, sich eigene Fragen und Anforderungen an eine gute Krankenversicherung aufzuschreiben und diese mit den favorisierten Kassen persönlich abzuklären. Das gilt besonders für Dirk. Denn Service und Kundenfreundlichkeit einer Krankenkasse lässt sich bestenfalls über Erfahrungsberichte anderer und beim persönlichen Kontakt einschätzen.
Was muss ich für den Wechsel tun?
Der Gesetzgeber hat den Krankenkassenwechsel stark vereinfacht. Wer mindestens zwölf Monate Mitglied bei einer Krankenkasse war, kann problemlos in jede andere gesetzliche Krankenkasse wechseln.
Die neue Krankenkasse kümmert sich
Es ist lediglich eine Kündigungsfrist von zwei Monaten zu beachten und die Kündigung muss man nicht einmal selbst vornehmen. Es reicht, einen Antrag bei der gewählten Krankenkasse zu stellen. Diese teilt der alten elektronisch den beantragten Wechsel mit und das war es. Selbst um die Fristeinhaltung muss man sich nicht kümmern.
Bereits genehmigte Pflichtleistungen laufen weiter
Grundsätzlich gilt, dass diejenige Krankenkasse für Leistungen zuständig ist, deren Mitglied man zum Zeitpunkt der Behandlung ist. Das gilt zumindest für Pflichtleistungen. So hat beispielsweise Max‘ alte Krankenkasse vor zwei Wochen den Heil- und Kostenplan für seinen geplanten Zahnersatz genehmigt. Das hat auch nach seinem Wechsel weiter Gültigkeit, die Kosten für den Zahnersatz übernimmt nun die neue Krankenkasse.
Aber: Ermessensspielraum und Zusatzleistungen beachten!
Problematisch kann es allerdings mit Leistungen sein, bei denen die Kassen einen Ermessensspielraum haben, wie zum Beispiel bei Kuren und Reha-Maßnahmen. Die müssen unter Umständen neu beantragt werden.
Bei nicht gesetzlich geregelten Zusatzleistungen besteht nach dem Wechsel kein Anspruch auf eine Kostenübernahme. Frauke kann also nicht darauf pochen, dass ihre neue Krankenkasse neben den Reiseschutzimpfungen auch, wie sie es von ihrer alten gewohnt ist, einmal jährlich die Kosten für eine professionelle Zahnreinigung übernimmt.
Wechsel bei chronischer Erkrankung oder Behinderung
Für Menschen mit einer chronischen Erkrankung oder Behinderung kann ein Wechsel vor allem dann sinnvoll sein, wenn die bisherige Kasse sich nicht besonders kooperativ zeigt und zum Beispiel immer wieder Hilfsmittel oder Maßnahmen ablehnt, die in ihren Ermessensspielraum fallen.
Selbstverständlich kann auch Dirk während einer laufenden Behandlung die Kasse wechseln. Bereits beantragte aber noch nicht genehmigte Maßnahmen muss er bei der neuen Krankenkasse allerdings neu beantragen. Dasselbe gilt für Pflegeleistungen.
Pflegeleistungen
Denn mit dem Wechsel der Krankenkasse wechselt Dirk zugleich die Pflegekasse. Auch hier gilt der Grundsatz, dass diejenige Pflegekasse die Leistungen zu erbringen hat, bei der man zum Zeitpunkt der Leistungserbringung Mitglied ist. Vor dem Wechsel spricht Dirk aber direkt mit der von ihm favorisierten neuen Kranken- und Pflegekasse. Denn er weiß nur zu gut, dass er seine Pflegeleistungen immer wieder, meist im jährlichen Rhythmus, neu beantragen muss. Deshalb ist es wichtig für ihn zu erfahren, wie man dort generell mit der Bewilligung von Pflegemaßnahmen umgeht.
Ein Sonderfall kann vorliegen, wenn beispielsweise die bisherige Krankenkasse dem oder der Versicherten einen Rollstuhl leihweise überlassen hat. Dann muss dieser bei einem Krankenkassenwechsel theoretisch zurückgegeben und bei der neuen Kasse erneut beantragt werden. Mittlerweile leihen die Krankenkassen aber selbst Hilfsmittel wie Rollstühle beim Sanitätshaus aus und „untervermieten“ sie an die Versicherten. In diesem Fall verbleibt der Rollstuhl Eigentum des Sanitätshauses.
Weiterführende Infos zur gesetzlichen Krankenversicherung
Ein gutes Informationsblatt, das auch zum Thema Wahltarife, Bonusprogramme und Zusatzleistungen aufklärt, stellt das Bundesgesundheitsministerium → hier auf seiner Website zur Verfügung.
Auch interessant:
→ Ist man nach dem Amtseid automatisch voll abgesichert? (Blogbeitrag u.a. über Krankenversicherung Beamte)
→ Wer sind die Besten im Land (Blogbeitrag über Vergleichsportale)
→ „Wie will ich behandelt werden?“, unsere Themenseite zu Gesundheit und Pflege
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