Ehrenamt mit Risiko?

 VEREINSVORSTAND

Haftpflichtrisiken im Verein

Ehrenamt mit Risiko?

Im Verein passiert ein Malheur – und der ehrenamtliche Vorstand soll aus eigener Tasche für den Schaden aufkommen? Ist das der Sinn eines Ehrenamtes? Natürlich nicht. Doch wie sieht es mit den Verantwortlichkeiten und der Haftung im Ehrenamt aus?

Verantwortung und Absicherung im Ehrenamt

Ein Verein ist eine juristische Person, der durch seinen Vorstand nach innen und außen vertreten wird. Dieser wiederum besteht, wie in der Satzung festgelegt, aus ein oder mehreren Personen.

Die zentrale Rolle des Vorstands

Neben der gesetzlichen Vertretung obliegt dem Vorstand in erster Linie die vereinsinterne Geschäftsführung. Er kümmert sich um die Verwaltung des Vereinsvermögens, die Mitgliederverwaltung und die Umsetzung konkreter Vorhaben zur Verwirklichung des Vereinszwecks. Dabei hat er dafür zu sorgen, dass die gesetzlichen und steuerlichen Bestimmungen als auch die Vereinssatzung eingehalten werden. Zudem ist er an die Weisungen der Mitgliederversammlung gebunden und hat deren Beschlüsse auszuführen.

Haftung

Auch wer ehrenamtlich Verantwortung übernimmt, muss für seine Fehler geradestehen. Verletzen Vorstände schuldhaft ihre Pflichten und entsteht daraus Dritten oder dem Verein selbst ein Schaden, so sind sie grundsätzlich mit ihrem Privatvermögen zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Zudem haften Vorstände gesamtschuldnerisch, also auch für die Fehler anderer Vorstandsmitglieder.

„Unter ,schuldhafter‘ Pflichtverletzung versteht man nicht nur vorsätzliches, sondern auch jede Form von fahrlässigem Fehlverhalten. Ein Schadensersatzanspruch gegen den Vorstand besteht nicht, wenn der Vorstand auf Weisung der Mitgliederversammlung gehandelt hat.“

(aus: Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz → Leitfaden zum Vereinsrecht, 2016)

Neben dem Vorstand nehmen oft auch Vereinsmitglieder Aufgaben für den Verein wahr. Verursachen sie dabei einen Schaden, haftet in der Regel der Verein. Denn er ist verpflichtet, seine Mitglieder von Haftungsverbindlichkeiten zu befreien.

Haftungsbeschränkung

Irren ist menschlich und Fehler passieren nun einmal. Deshalb hat der Gesetzgeber die Haftung zumindest im Innenverhältnis ausgeschlossen, sofern der Schaden durch leichte Fahrlässigkeit entstanden ist und die jährliche Aufwandsentschädigung des ehrenamtlich tätigen Mitglieds 840 Euro im Jahr nicht übersteigt.

→ § 31a BGB: Haftung von Organmitgliedern und besonderen Vertretern
→ § 31b BGB: Haftung von Vereinsmitgliedern

Diese Haftungsbeschränkung gilt jedoch nicht bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Ebenso nicht im Außenverhältnis, also bei Schädigung Dritter!

Absicherung

Vorstand und Verein benötigen in ihrem Engagement für das Anliegen und die Interessen des Vereins und seiner Mitglieder ausreichenden Versicherungsschutz!

Art und Umfang des Versicherungsschutzes sollten den Vereinstätigkeiten und Verantwortlichkeiten angepasst sein. Im Folgenden ein paar Beispiele, was im Rahmen von Vereinstätigkeiten passieren kann, wer dafür haften muss beziehungsweise welche Versicherung an dessen Stelle eintritt:

Wer haftet, wenn ein Mitglied anderen einen Schaden zufügt?

Haftpflicht von Vereinen

Bei Vereinstätigkeiten. Fabian und Leonie haben für ihren Kleingartenverein Bierzeltgarnituren fürs Erntefest besorgt. Beim Transport vom Parkplatz zum Vereinsheim rutscht ihnen ein Tisch von der Sackkarre und beschädigt ein anderes dort parkendes Auto. Für den Schadensausgleich ist der Verein beziehungsweise dessen Vereinshaftpflichtversicherung zuständig, denn die beiden waren im Auftrag des Vereins tätig.

In eigener Sache. Lotta und Merle haben sich für ihren eigenen Kleingarten einen Pavillon angeschafft. Auch ihnen passiert ein Missgeschick auf dem Vereinsparkplatz: Sie zerkratzen mit dem Gestänge des Pavillons versehentlich ein anderes Auto. Für die Schadensbehebung müssen sie selbst beziehungsweise ihre private Haftpflichtversicherung aufkommen.

Wer haftet für Pannen bei Veranstaltungen?

Bei einer vereinsinternen Veranstaltung. Die Mitglieder der Werbegemeinschaft Südstadt e.V. feiern ihr fünfjähriges Jubiläum. Beim Befüllen der Sektgläser läuft der Vorstandsvorsitzenden der Sekt über und beschädigt das Smartphone eines Mitglieds. Das defekte Gerät muss der Verein beziehungsweise dessen Vereinshaftpflichtversicherung ersetzen.

Bei einer offenen Veranstaltung. Der Flüchtlingsverein Ankommen e.V. richtet ein Nachbarschaftsfest im Stadtteil aus. Abends steht eine afghanisch-irakisch-deutsche Band auf der Bühne. Plötzlich kippt die Lautsprecherbox um und fällt einer Besucherin auf den Fuß. Für die Behandlungskosten und eventuelle Folgeschäden muss der Verein, besser noch: seine eigens für diese Veranstaltung abgeschlossene Veranstalterhaftpflichtversicherung aufkommen.

Bei einer Reiseveranstaltung. Der Ruderverein Weser-Club e.V. veranstaltet erstmals eine Kanutour für Jugendliche in Südschweden. Die meisten der Teilnehmenden sind (noch) nicht Mitglied des Vereins. Aufgrund seines neuen Angebots hat der Verein plötzlich den Status eines Reiseveranstalters inne, zumindest für die betreffende Reisezeit. Um sich vor potenziellen Haftungsschäden abzusichern, benötigt er eine Reiseveranstalterhaftpflichtversicherung.Allerdings könnte unter Umständen eine Probe-Mitgliedschaft der teilnehmenden Jugendlichen dem kleinen Verein diese Extra-Versicherung ersparen. Das sollte jedoch vorab genauesten mit der bestehenden Vereinshaftpflichtversicherung abgeklärt sein! Auch wenn die Reise – wie hier – nicht der Gewinnerzielung, sondern vornehmlich dem Vereinszweck dient.

→ § 651 a Abs. 4 BGB

Vereine Unfallversicherung

Was ist, wenn ein Vereinsmitglied einen Unfall erleidet?

Bei allgemeinen Vereinstätigkeiten. Sebastian hat Putzdienst bei den „Strolchen e.V.“, der privaten Kita seiner Tochter. Beim Fensterputzen stürzt er von der Leiter und bricht sich beide Beine. Da Sebastian gemäß Satzung zu Elterndiensten in der Kita verpflichtet ist, steht er während dieser Tätigkeit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (GUV). Vorausgesetzt, die Kita ist bei der Berufsgenossenschaft angemeldet. Allerdings bietet die GUV lediglich einen Basisschutz, eine private Unfallversicherung kann immer eine sinnvolle Ergänzung sein.

Beim Vereinssport. Auch beim Sport im Verein besteht in der Regel eine Grundabsicherung über die gesetzliche Unfallversicherung.  Mit einer Gruppenunfallversicherung hat jeder Verein die Möglichkeit, den Versicherungsschutz seiner Mitglieder sinnvoll abzurunden.

Wer haftet, wenn Geld in der Vereinskasse fehlt?

Bei Veruntreuung. Vereinsmitglied Arno kümmert sich seit Jahren ehrenamtlich um die vereinseigene Gastronomie – und meint, dafür jedes Mal 50 Euro aus der Kasse mitgehen lassen zu dürfen. Der Betrag hat sich bereits auf stolze 9.000 Euro summiert. Da wird Arnos Griff in die Vereinskasse entdeckt und er aufgefordert, die Summe umgehend zurück zu erstatten. Zu Recht. Arno hat das Geld dem Verein entwendet und kann es nicht als (heimliche) Belohnung für seine ehrenamtliche Tätigkeit geltend machen. Dafür steht selbstverständlich keine Haftpflichtversicherung gerade, auch nicht die private.

Bei Verletzung von Sorgfaltspflichten. Vorstandsmitglied Marleen ist für die Finanzen zuständig und erhält für ihre Tätigkeit eine jährliche Aufwandsentschädigung von 950 Euro. Nun hat sie es versäumt, fristgerecht die öffentlichen Fördermittel abzurufen. Dem Verein ist dadurch ein Schaden in Höhe von 15.000 Euro entstanden. Dafür kann er Marleen haftbar machen oder – falls sie nicht zahlen kann – jedes beliebige andere Vorstandsmitglied. Doch zum Glück hat der Verein vorgesorgt und eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung abgeschlossen, die anstelle des Vorstands für den Schaden aufkommt.

weitere Haftungsrisiken von Vereinen

Welche weiteren Risiken könnten relevant sein?

Vereinsheim und Inventar. Ein Vereinsheim sollte heute ebenso ausreichend abgesichert sein wie ein privates Wohngebäude. Und das Inventar wie jedes betriebliche Equipment. Schließlich stellen beide ein nicht unerhebliches „Betriebsvermögen“ dar. Sollte das zu Schaden kommen, sei es durch Sturm, Feuer, austretendes Leitungswasser oder Einbruch, kann das jeden Verein an seine finanziellen Belastungsgrenzen bringen.

Als Grundstücks- und Gebäudebesitzer.  Auch Schäden, die ursächlich auf den Zustand des Gebäudes oder der Anlagen des Vereins zurückzuführen sind, können immens sein. Ein herunter gefallener Dachziegel etwa oder ein umgestürzter Baum. Hier sollte man genau prüfen lassen: Deckt die bestehende Vereinshaftpflichtversicherung diese Schäden, muss eventuell nachgebessert werden oder ist vielleicht – bei Besitz mehrerer Gebäude oder Grundstücke – eine gesonderte Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung notwendig?

Cyberrisiken. Auch Vereine sollten heutzutage abwägen, wie groß ihr Risiko eines Cyberangriffs ist und welche Schäden da abzusichern wären. Das können Haftungsansprüche von Dritten sein, nach einem Datendiebstahl etwa. Oder auch die Kosten zur Wiederherstellung von Daten und Software.

Rechtliche Auseinandersetzungen. Die Abwehr ungerechtfertigter Schadensersatzansprüche ist Angelegenheit der Haftpflichtversicherung. Will der Verein auch finanziell gewappnet sein, um gegebenenfalls eigene Ansprüche durchzusetzen, ist zusätzlich eine Rechtsschutzversicherung ratsam. Versichert ist der Verein selbst, seine gesetzlichen Vertreter|innen, seine Beschäftigten und auch diejenigen Vereinsmitglieder, die im Rahmen ihrer Vereinstätigkeit in rechtliche Auseinandersetzungen involviert sind.

Der richtige Versicherungsschutz

Nicht selten gehören auch Immobilien, ob selbst genutzt oder vermietet, zur Erbmasse. Marlies hat ihr Haus allerdings schon vor vier Jahren Ihrer Nichte und Ihrem Neffen zu gleichen Teilen überschrieben. Anlass war ihr 60. Geburtstag. Sie wollte sich nicht mehr selbst um alles am Haus kümmern müssen, wohl aber dort wohnen bleiben. Ihr lebenslanges Wohnrecht hat sie in der notariellen Schenkungsurkunde vermerken und im Grundbuch eintragen lassen.

Wie im Privaten und bei Unternehmen sind die individuellen Erfordernisse an ein adäquates Versicherungskonzept von Verein zu Verein recht unterschiedlich. Wir raten daher, sich gut und umfassend beraten zu lassen.

Weiterführende Links:

→ D&O-Vermögensschadenhaftpflichtversicherung (für Vereinsvorstände)
→ Vermögensschadenhaftpflicht
→ Cyberversicherung
→ Gebäudeversicherung
→ Inventarversicherung
→ Rechtsschutzversicherung

extern:
→ Leitfaden zum Vereinsrecht, Herausgeber: Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz
→ Deutsche Stiftung für Ehrenamt und Engagement (öffentlich-rechtliche Stiftung)
→ Wegweiser Bürgergesellschaft, Herausgeber: Stiftung Mitarbeit, Bonn

Auch interessant:
→ Alles geregelt im grünen Paradies? (Versicherungen für Kleingartenvereine)